Aufgabe 9

 

Aufgabe I/1:

1 50 ml einer wässrigen Lösung von Methansäure (Ameisensäure) werden mit Natronlauge (c(NaOH) = 1 mol . l–1 ) titriert.
Nach Zugabe von genau 10 ml dieser Natronlauge ist der Äquivalenzpunkt erreicht und damit die Titration beendet.
1.1 Formulieren Sie die Reaktionsgleichung.
Berechnen Sie die Konzentration der Methansäurelösung in mol * l–1 und ihren pH-Wert.
1.2 In welchem Bereich liegt der pH-Wert der Lösung am Äquivalenzpunkt?
Welchen Indikator würden Sie für diese Titration wählen?
Begründen Sie Ihre Angaben.

2 Ethanol und Methansäure (je 1 mol) reagieren miteinander protonenkatalysiert zu Ester und Wasser. Um den Ablauf der Reaktion zu verfolgen, werden dem Reaktionsgemisch, dessen Temperatur konstant gehalten wird, zu bestimmten Zeiten Proben entnommen und deren Gehalt an Methansäure bestimmt. Dabei werden folgende Werte ermittelt:

Probenentnahme nach 0,5 min 1 min 2 min 4 min 10 min 300 min 600 min
Konzentration der Methansäure in mol * l-1 9,3 9,0 8,7 8,3 7,5 4,55 4,55


Die bei der Reaktion auftretende geringe Volumenänderung ist zu vernachlässigen.
2.1 Formulieren Sie die Reaktionsgleichung für diese Esterbildung unter Verwendung von Strukturformeln mit bindenden und nichtbindenden Elektronenpaaren.
2.2 Berechnen Sie mit Hilfe der Dichten (Ethanol : 0,79 g . cm–3, Methan-säure: 1,22 g . cm–3) die Konzentrationen der Ausgangsstoffe im Reaktionsgemisch zu Beginn der Reaktion in der Einheit mol . l–1.
2.3 Wie groß ist die durchschnittliche Reaktionsgeschwindigkeit der Esterbildung zwischen der zweiten und der vierten Minute?
2.4 Berechnen Sie die Konzentration des Esters im Gleichgewichtszustand und die Gleichgewichtskonstante Kc.

Aufgabe I/2:

Wichtige Derivate des Benzols sind Phenol und Styrol.
1 Geben Sie für diese Derivate die Strukturformeln an.
(Bei den Substituenten sind die bindenden und nichtbindenden Elektronenpaare anzugeben.)
Bei Zimmertemperatur ist Phenol im Gegensatz zu Styrol fest.
Geben Sie dafür eine Erklärung.

2 Beim Schütteln von Phenol bzw. Styrol mit Natronlauge reagiert nur eines dieser Benzolderivate.
Stellen Sie dafür eine Reaktionsgleichung auf.

3 Sowohl Phenol als auch Styrol reagieren bei Zimmertemperatur mit Brom.
3.1 Formulieren Sie die Reaktionsgleichung für die Reaktion von Styrol mit Brom und nennen Sie den Reaktionstyp.
Formulieren Sie die einzelnen Schritte des Reaktionsmechanismus.
3.2 Das zur Bromierung von Phenol benötigte Brom kann in saurer wässriger Lösung aus Kaliumbromid und Kaliumbromat (KBrO3) hergestellt werden.
Stellen Sie hierfür eine Reaktionsgleichung auf.
3.3 Um nachzuprüfen, ob Phenol mehrfach bromiert wird, werden in einer sauren wässrigen Lösung 0,15 g Phenol nach obigem Verfahren unter Verwendung von n = 0,002 mol Kaliumbromat bromiert. Nach der Reaktion stellt man durch Titration fest, dass 0,0012 mol Brom übrig blieben.
Berechnen Sie die umgesetzte Stoffmenge Brom und formulieren Sie die sich ergebende Reaktionsgleichung der Bromierung.

Aufgabe II/1:

Wichtige Ausgangsstoffe zur Herstellung von Kunststoffen sind:
(A) cis-Butendisäure (Maleinsäure)
(B) 1,6-Diaminohexan (Hexamethylendiamin)
(C) 1,4-Butandiol
(D) Phenylethen (Styrol)
(E) 1,2,3-Propantriol (Glycerin)
(F) Phenylen-1,4-diisocyanat


1 Geben Sie die Strukturformeln der Moleküle der Verbindungen (A) bis (E) mit bindenden und nichtbindenden Elektronenpaaren an.

2 Je zwei der Stoffe (A) bis (F) sollen zur Herstellung von Kunststoffen verwendet werden.
Geben Sie an, mit welchen Stoffen
(a) ein thermoplastischer Polyester,
(b) ein thermoplastisches Polyamid,
(c) ein thermoplastisches Polyurethan
hergestellt werden könnte.
Zeichnen Sie jeweils einen Formelausschnitt, der den Aufbau des Makromoleküls erkennen lässt.

3 Einer der gemäß Aufgabe 2 herstellbaren Kunststoffe soll unter Verwendung von Styrol zu einem Duroplast weiterverarbeitet werden.
Wählen Sie diesen Kunststoff aus und begründen Sie Ihre Wahl.
Nennen Sie einen möglichen Reaktionsmechanismus für diese Reaktion und erläutern Sie, wie die Reaktion in Gang gesetzt werden kann.

4 Je zwei Stoffe (A) bis (F) sollen zur Herstellung von duroplastischen Kunststoffen verwendet werden.
Geben Sie zwei Möglichkeiten an.

Aufgabe II/2:

1 Phosphorsäure (H3PO4) lässt sich durch Verbrennen von Phosphor an der Luft und anschließende Umsetzung des gebildeten Phosphor(V)-oxids mit Wasser gewinnen.
1.1 Formulieren Sie für die beiden Umsetzungen Reaktionsgleichungen, und entscheiden Sie, ob es sich dabei um Redoxreaktionen handelt.
Begründen Sie Ihre Entscheidung.
1.2 Aus Phosphor(V)-oxid und Wasser soll eine Phosphorsäurelösung mit dem Volumen V = 1 l und dem Massenanteil w(H3PO4) = 85 % hergestellt werden. Die Dichte dieser Lösung beträgt ρ = 1,687 g · cm–3.
Berechnen Sie die Masse der Stoffportion m(Phosphor), die hierfür verbrannt werden muss.

2 Phosphorsäure ist eine dreiprotonige Säure. Im folgenden soll nur die erste Protolysestufe berücksichtigt werden.
2.1 Formulieren Sie die Reaktionsgleichung für die Protolyse der Phosphorsäure.
Berechnen Sie näherungsweise den pH-Wert einer Phosphorsäurelösung der Stoffmengenkonzentration c = 0,15 mol · l–1.
a) unter der Annahme, Phosphorsäure sei eine starke Säure, und
b) unter der Annahme, Phosphorsäure sei eine schwache Säure.
Erläutern Sie, wie Sie feststellen können, welche der Annahmen realistischer ist.
2.2 Bei einer Titration wird Phosphorsäure mit Natronlauge zu Natriumdihydrogenphosphat umgesetzt.
Für V1 = 40 ml einer Phosphorsäureprobe benötigt man V2 = 12 ml einer Natronlauge der Stoffmengenkonzentration c = 0,5 mol · l–1.
Berechnen Sie die Stoffmengenkonzentration dieser Phosphorsäurelösung.

3 Beschreiben Sie einen experimentellen Nachweis für Phosphat-Ionen.

4 Das Düngemittel Superphosphat, ein Gemisch aus Calciumdihydrogenphosphat und Calciumsulfat, wird durch Umsetzung des in der Natur vorkommenden Calciumphosphats mit Schwefelsäure hergestellt.
Geben Sie hierzu eine Reaktionsgleichung an.
Erläutern Sie die Belastung der Umwelt durch phosphathaltige Düngemittel.

 

Aufgabe III/1:

Der makromolekulare Stoff Murein ist eine Gerüstsubstanz in Bakterienzellwänden. Bei seiner Hydrolyse erhält man unter anderem folgende Bausteine:
D-Alanin, L-Alanin, D-Glutaminsäure, L-Lysin sowie D-Glucosamin.
Beim D-Glucosamin ist die Hydroxylgruppe am Kohlenstoffatom 2 der D-Glucose durch eine Aminogruppe ersetzt.
1 Geben Sie die Strukturformeln der vier genannten Aminosäuren an.

2 Nennen und erläutern Sie ein Verfahren zur Trennung und Identifizierung von Aminosäuren.

3 In Tabellenwerken werden für die Glutaminsäure drei unterschiedliche pKS-Werte angegeben:
pKS1 = 2,1 pKS2 = 4,3 pKS3 = 10,0
Ihnen entsprechen drei aufeinanderfolgende Protolysengleichgewichte.
Formulieren Sie für diese Gleichgewichte jeweils eine Reaktionsgleichung.
Ordnen Sie die angegebenen pKS-Werte den Protolysengleichgewichten zu, und begründen Sie.

4 Geben Sie für das oben genannte Hydrolyseprodukt D-Glucosamin die Strukturformel in der Fischer-Projektion und in der Schreibweise nach Haworth an.

5 Die Silberspiegelprobe verläuft mit Glucosaminen positiv.
Beschreiben Sie die Durchführung dieser Nachweisreaktion, und formulieren Sie die zugehörige Reaktionsgleichung.

6 Die α-Form des D-Glucosaminmoleküls wird 1,2-glykosidisch mit einem β-D-Fructosemolekül verknüpft.
Geben Sie für das Verknüpfungsprodukt die Strukturformel in der Haworth-Schreibweise an.
Begründen Sie, ob auch mit diesem Produkt die Silberspiegelprobe positiv verläuft.

Aufgabe III/2:

1 Die Ölsäure (9-Octadecensäure, C17H33COOH) lässt sich aus Fetten und Ölen herstellen. Die im Ölsäuremolekül enthaltene Doppelbindung zwischen zwei Kohlenstoffatomen kann durch Reaktion mit Brom nachgewiesen werden.
1.1 Geben Sie für diese Reaktion von Brom mit Ölsäure eine Reaktionsgleichung unter Verwendung von Summenformeln an.
Formulieren Sie den Reaktionsmechanismus für die Reaktion von Brom mit einer C-C-Doppelbindung.
1.2 Das für die Reaktion mit Ölsäure benötigte Brom kann hergestellt werden, indem man Kaliumbromid zu einer angesäuerten Kaliumbromatlösung (KBrO3) gibt.
Geben Sie für diese Reaktion eine Reaktionsgleichung an, und zeigen Sie, dass es sich um eine Redoxreaktion handelt.
1.3 Zu einer angesäuerten Kaliumbromatlösung werden V = 5 ml Ölsäure der Dichte ρ = 0,89 g · ml–1 gegeben. Diese Lösung wird mit einem Überschuss an Kaliumbromid versetzt. Das entstehende Brom soll vollständig umgesetzt werden.
Berechnen Sie die Masse m der Stoffportion Kaliumbromat, die dafür in der Lösung enthalten sein muss.
1.4 Eine wässrige Lösung von Natriumoleat, dem Natrium-Salz der Ölsäure, ist waschaktiv, reagiert nicht neutral und bildet mit hartem Wasser einen Niederschlag.
Erklären Sie diese drei Eigenschaften, und geben Sie für die beiden letztgenannten jeweils eine Reaktionsgleichung an.

2 Moderne Waschmittel können als waschaktive Substanz 4-Dodecylbenzolsulfonat enthalten.
Für seine Herstellung wird in einer Reaktion (A) zunächst n-Dodecan (12 C-Atome) mit Chlor zu 1-Chlordodecan umgesetzt.
In einem zweiten, durch Aluminiumchlorid katalysierten Schritt (B) reagiert das organische Produkt mit Benzol zu Dodecylbenzol und Chlorwasserstoff.
Danach wird das Dodecylbenzol sulfoniert (Reaktion C).
Durch Zugabe von Natronlauge (Reaktion D) erhält man schließlich das gewünschte 4-Dodecylbenzolsulfonat.
2.1 Geben Sie für die Reaktionen (A) bis (D) jeweils eine Reaktionsgleichung an.
2.2 Formulieren Sie für den Reaktionsschritt (C) ausführlich den Reaktionsmechanismus.

Aufgabe IV:

1 Reines Kupfer ist ein guter elektrischer Leiter.
Erklären Sie diese Eigenschaften mit Hilfe eines Modells für die Bindungsverhältnisse in einem Metall.

2 In der Natur kommt Kupfer hauptsächlich in Form von sulfidischen Erzen vor, z. B. als Kupferglanz (Kupfer(I)-sulfid). Zur Gewinnung von Rohkupfer wird ein Teil des Kupferglanzes zunächst zu rotem Kupfer(I)-oxid geröstet. Dieses wird anschließend mit weiterem Kupferglanz erhitzt.
2.1 Formulieren Sie für die beiden Schritte des Verfahrens jeweils die Reaktionsgleichung.
2.2 Wie viel Rohkupfer kann man aus einer Stoffportion Kupferglanz der Masse m = 10 t erhalten, und wie groß muss die Stoffportion Kupferglanz sein, die davon im ersten Schritt geröstet wird?

3 Das so erhaltene Rohkupfer enthält noch Verunreinigungen wie z. B. Silber, Gold, Eisen und Zink. Diese Verunreinigungen werden durch elektrolytische Raffination entfernt.
3.1 Erstellen Sie eine beschriftete Skizze für dieses Verfahren.
3.2 Erläutern und begründen Sie die Vorgänge an den Elektroden.

4 Ein einfaches Verfahren zur Herstellung von Leiterplatten für elektronische Geräte besteht darin, dass auf einer mit Reinkupfer beschichteten Kunststoffplatte die zukünftigen Leiterbahnen durch einen Schutzlack abgedeckt werden und das ungeschützte Kupfer in einem Ätzbad durch Oxidation in Lösung gebracht wird.
4.1 Zeigen Sie mit Hilfe der Normalpotentiale, dass eine Lösung von Eisen(III)-chlorid als Ätzbad verwendet werden kann.
Formulieren Sie hierzu eine Reaktionsgleichung.
4.2 In einem frischen Ätzbad ist die Konzentration an Eisen(III)-chlorid c = 2 mol · l-1 .
Nachdem einige Leiterplatten geätzt worden sind, beträgt die Konzentration der Eisen(III)-ionen c(Fe3+) = 0,2 mol · l-1 und die Konzentration der Kupfer(II)-ionen c(Cu2+) = 0,9 mol · l-1.
Entscheiden Sie anhand einer Rechnung, ob in diesem Bad noch weitere Leiterplatten geätzt werden können.

 

 

 

 

 

Lösung(BW97)