Aufgabe 4

 

Aufgabe I/1:

Aus dem bei der Entschwefelung von Erdöl anfallenden Schwefelwasserstoff erhält man im CLAUS-Prozess besonders reinen Schwefel. Dabei wird im ersten Schritt ein Teil des Schwefelwasserstoffs mit Luftsauerstoff zu Schwefeldioxid verbrannt. Dieses wird im zweiten Schritt mit dem restlichen Schwefelwasserstoff am Katalysator umgesetzt.

1: Geben Sie für die beiden Reaktionsschritte zur Schwefelgewinnung im CLAUS-Prozess die Reaktionsgleichungen mit den Oxidationszahlen an.
2: Der so gewonnene Schwefel wird zur Schwefelsäuregewinnung zu Schwefeldioxid verbrannt. Dieses wird in einem Hordenofen, in dem der Katalysator in vier Schichten (Horden) angeordnet ist, mit Luftsauerstoff weiteroxidiert. Das 450 °C heiße Gasgemisch reagiert dabei an jeder Horde, wobei sich seine Temperatur erhöht. Vor Erreichen der nächsten Horde wird es wieder auf 450 °C abgekühlt.
2.1 Formulieren Sie die Reaktionsgleichung für die am Katalysator ablaufende Gleichgewichtsreaktion und wenden Sie darauf das Massenwirkungsgesetz an. Erklären Sie, warum das Gasgemisch vor jeder Horde auf 450 °C abgekühlt wird, eine stärkere Abkühlung aber nicht sinnvoll ist.
2.2 Berechnen Sie die Masse der Stoffportion Schwefel, die bei vollständiger Umsetzung benötigt wird, um bei 450 °C 100 Liter Schwefeltrioxid-Gas zu erhalten. Das molare Volumen beträgt bei diesen Bedingungen 59,3 l*mol-1.
3: Schwefelsäureabfälle können entsorgt werden, indem die darin enthaltene Schwefelsäure bei 1000 °C in Sauerstoff, Wasser und Schwefeldioxid zersetzt wird. Das schädliche Gas Schwefeldioxid wird mit einer wässrigen Ammoniaklösung ausgewaschen. Dabei entsteht zunächst Ammoniumsulfit, das mit Luftsauerstoff zu Ammoniumsulfat oxidiert wird. Formulieren Sie die entsprechenden Reaktionsgleichungen.
4: Eine wässrige Lösung mit dem Volumen V = 250 ml enthält eine Stoffportion Ammoniumsulfat mit der Masse m = 1,65 g. Berechnen Sie die Stoffmengenkonzentration c der Ammonium-Ionen und daraus den pH-Wert der Lösung.

 

Aufgabe I/2:

Ein Oligopeptid ist aus vier Aminosäuren in folgender Sequenz aufgebaut:
Alanin-Glycin-Cystein-Glutaminsäure
Die Carboxylgruppe des Alanins ist an der Peptidbindung beteiligt.


1.1 Zeichnen Sie die Strukturformeln der vier Aminosäuren mit bindenden und nichtbindenden Elektronenpaaren.
1.2 Welche dieser Aminosäuren sind optisch aktiv? Geben Sie eine Begründung.
1.3 Zeichnen Sie eine Strukturformel des Oligopeptids.
1.4 Die an einer Peptidgruppe beteiligten Atome liegen in einer Ebene. Geben Sie dafür eine Erklärung.
2: Das Oligopeptid wird vollständig hydrolysiert. Wie lässt sich diese Hydrolyse durchführen? Beschreiben Sie ausführlich, wie die im Hydrolysat vorliegenden Aminosäuren getrennt und identifiziert werden können.
3: Eine wässrige Lösung von Alanin besitzt im sauren Bereich Pufferwirkung. Geben Sie die Strukturformel der unter dieser Bedingung vorliegenden Alaninteilchen an und erklären Sie die Puffereigenschaft der Lösung.
4: Butansäure ist bei Zimmertemperatur flüssig, während sich Alanin als kristalline Substanz nicht unzersetzt schmelzen lässt. Geben Sie dafür eine Erklärung.

 

Aufgabe II/1:

1. Bei der Synthese von Kunststoffen kommen unter anderem folgende Monomere zum Einsatz:
a) Chlorethen (Vinylchlorid)
b) Phenylethen (Styrol)
c) 1,6-Diaminohexan (Hexamethylendiamin)
d) 1,2,3-Propantriol (Glycerin)
e) Butandisäure (Bernsteinsäure)


1.1 Geben Sie für die Stoffe a bis e jeweils eine Strukturfomel mit bindenden und nichtbindenden Elektronenpaaren an.
1.2 Geben Sie sinnvolle Formelausschnitte der Makromoleküle an, die aus den Molekülen der Stoffe a bis e gebildet werden können (ohne Mischpolymerisate und Mischpolykondensate).
1.3 Beschreiben Sie das experimentelle Vorgehen für die Herstellung eines Kunststoffes ausgehend von Phenylethen und formulieren Sie den der Reaktion zugrunde liegenden Mechanismus.
2 Für Verpackungsmaterial sind Kunststoffe erwünscht, die nach Anwendung verschiedener Recycling-Verfahren wiederverwertet werden können. Diese Verfahren beruhen zum Beispiel auf Umschmelzprozessen oder auf hydrolytischer Spaltung.
2.1 Entscheiden Sie, welche der Kunststoffe aus Aufgabenteil 1.2 durch Umschmelzen, welche durch Hydrolyse der Wiederverwertung zugeführt werden können, und begründen Sie Ihre Entscheidung.
2.2 Neben dem Recycling spielt auch die Verbrennung von Kunststoffen bei der Abfallbeseitigung eine Rolle.
Nennen Sie einige Schadstoffe, die bei der Verbrennung der Kunststoffe aus Aufgabenteil 1.2 entstehen können.
Formulieren Sie für die Verbrennung von Chlorethen, stellvertretend für Polychlorethen (PVC), eine Reaktionsgleichung.
Beschreiben Sie für zwei bei der Verbrennung von PVC entstehende Produkte einen geeigneten experimentellen Nachweis.

 

Aufgabe II/2:

Benzol und Pyridin sind flüssige aromatische Verbindungen, deren Moleküle strukturell verwandt sind: Im Pyridinmolekül (Summenformel C5H5N) ist eine CH-Gruppe des Benzolmoleküls durch ein Stickstoffatom ersetzt.
1: Zeichnen Sie die Strukturformel des Pyridinmoleküls und beschreiben Sie seinen Aufbau mit Hilfe des Orbitalmodells.
2: Pyridin ist im Gegensatz zu Benzol in Wasser gut löslich. Geben Sie dafür eine Erklärung.
3: Leitet man Chlorwasserstoff in Pyridin ein, so entsteht eine Lösung, die den elektrischen Strom leitet. Im Gegensatz dazu entsteht beim Einleiten von Chlorwasserstoff in Benzol kein Elektrolyt.
Erklären Sie diesen Sachverhalt. Formulieren Sie eine Reaktionsgleichung mit Strukturformel.
4: Bei der Nitrierung mit einem Gemisch aus konzentrierter Salpetersäure und konzentrierter Schwefelsäure („Nitriersäure“) reagiert Pyridin wesentlich langsamer als Benzol.
4.1: Erklären Sie mit Hilfe mesomerer Grenzformeln des Pyridinmoleküls, warum die elektrophile Substitution bei Pyridin erschwert ist. Geben Sie an, welche Wasserstoffatome des Pyridinmoleküls bevorzugt substituiert werden.
4.2: Erläutern Sie die Entstehung des elektrophilen Teilchens in der Nitriersäure und formulieren Sie den Reaktionsmechanismus der Nitrierung von Benzol.
4.3: Bei der Bromierung von Nitrobenzol können verschiedene monobromierte Produkte entstehen. Eines davon wird bevorzugt gebildet. Geben Sie dieses an und begründen Sie Ihre Entscheidung.

 

Aufgabe III/1:

1. Im Labor kann Brom nach verschiedenen Verfahren gewonnen werden.
a) Durch Einleitung von Chlor in eine wässrige Lösung von Kaliumbromid.
b) Durch Reaktion einer sauren Kaliumbromidlösung mit Mangandioxid (Braunstein).
c) Durch Elektrolyse einer neutralen Kaliumbromidlösung der Konzentration c = 0,1 mol*l-1.
1.1: Formulieren Sie für a und b die Reaktionsgleichung unter Angabe sämtlicher Oxidationszahlen.
1.2: Formulieren Sie für c die an den Elektroden ablaufenden Reaktionen und berechnen Sie die Zersetzungsspannung ohne Berücksichtigung von Überspannungen.
2: Das Normalpotential des Redoxpaares Bromid/Brom soll gemessen werden.
2.1: Erläutern Sie das Verfahren anhand einer beschrifteten Skizze.
2.2: In die Bromid/Brom-Halbzelle gibt man etwas Silbernitratlösung.
Wie wird dadurch das Potential der Zelle beeinflusst? Geben Sie eine Begründung.
3: Eine Kaliumbromidlösung wird mit einer angesäuerten Kaliumdichromat-lösung versetzt. Kann dabei Brom entstehen, falls das Reaktionsgemisch einen pH = 2 besitzt und die folgenden Konzentrationen vorliegen:
c(Cr2O72-) = 1 mol*l-1, c(Cr3+) = 0,001 mol*l-1 und c(KBr) = 1 mol*l-1?
Begründen Sie anhand einer Berechnung.
4: Brom kann durch Reaktion mit einer Natriumsulfitlösung beseitigt werden.
Formulieren Sie die Reaktionsgleichung

 

Aufgabe III/2:

1 Im Hinblick auf einen ökonomischen Einsatz verschiedener Brennstoffe bietet sich ein Vergleich ihrer oberen Heizwerte H* an. Man versteht darunter die Wärmemenge, die bei vollständiger Verbrennung einer Stoffportion der Masse m = 1 kg des jeweiligen Stoffes frei wird, wobei flüssiges Wasser als eines der Reaktionsprodukte zugrundegelegt wird.
1.1 Geben Sie jeweils die Reaktionsgleichung für die vollständige Verbrennung von Methan und Ethanol an.
1.2 Berechnen Sie unter Verwendung der angegebenen Tabellenwerte für jede der Verbrennungen die Reaktionsenthalpie sowie den oberen Heizwert H* eines jeden der beiden Brennstoffe.
1.3 Beschreiben Sie unter Zuhilfenahme einer beschrifteten Skizze die experimentelle Bestimmung des Heizwertes im Verbrennungskalorimeter. 4 VP
1.4 In einem Verbrennungskalorimeter der Wärmekapazität CKal = 60 J*K-1, gefüllt mit 500 g Wasser (cp = 4,18 J*g-1* K-1), wird eine Stoffportion Methan der Masse m = 0,1 g verbrannt. Berechnen Sie unter Berücksichtigung des oberen Heizwertes von Methan die zu erwartende Temperaturerhöhung im Kalorimeter.
2 Eine andere Art der Brennstoffnutzung stellt die Gewinnung elektrischer Energie in Brennstoffzellen dar.
2.1 Skizzieren Sie den Aufbau der Knallgaszellen als Beispiel einer Brennstoffzelle und erläutern Sie die Vorgänge an den Elektroden.
2.2 Berechnen Sie für die in der Knallgaszelle ablaufende Gesamtreaktion mit Hilfe der angegebenen Tabellenwerte die freie Reaktionsenthalpie bei 25 °C.
2.3 Zeigen Sie am Beispiel der Knallgasreaktion, daß die Betrachtung der freien Reaktionsenthalpie für die Begründung eines spontanen Reaktionsablaufs nicht ausreicht.

  CH4 C2H5OH CO2 H2O(g) H2O(l) O2 H2
ΔHf in kJ*mol-1  -75 -278 -393 -242 -286    
 S in J*mol-1*K-1       189 70 205 131

Lösung(BW92)