Aufgabe 3

 

Aufgabe I/1:

Das Verfahren zur Herstellung von Soda (Natriumcarbonat) nach Solvay wurde bereits um 1860 entwickelt. Bei diesem Verfahren wird eine kalt gesättigte Kochsalzlösung mit Ammoniak gesättigt und dann bei 50 °C mit Kohlenstoffdioxid zur Reaktion gebracht. Dabei bilden sich Ammoniumchlorid und das in Wasser schwerlösliche Natriumhydrogencarbonat. Das Natriumhydrogencarbonat wird nach dem Abtrennen von der Lösung durch Erhitzen in Soda umgewandelt. Die Rückgewinnung des Ammoniaks aus der zurückgebliebenen Ammoniumchloridlösung erfolgt durch Zugabe einer erhitzten Suspension von Calciumhydroxid in Wasser.

1: Geben Sie die chemischen Umsetzungen durch Reaktionsgleichungen an.
2: Erklären Sie unter Zuhilfenahme der Tabelle der Säurekonstanten, warum in alkalischer Ammoniumchloridlösung das Gleichgewicht auf der Seite des Ammoniaks liegt.
3: Wieviel Gramm Ammoniak müssen in Wasser eingeleitet werden, damit daraus 500 ml Lösung mit pH 11,5 entsteht?
4: Beschreiben Sie je einen experimentellen Nachweis für Ammonium- und Chlorid-Ionen und geben sie dafür Reaktionsgleichungen an.
5: Gleichkonzentrierte wässrige Lösungen von Ammoniumchlorid und Soda haben unterschiedlichen pH-Wert. Erklären Sie diese Tatsache.
6: Die Basizität der vom Ammoniak abgeleiteten Verbindungen ändert sich, wenn im Ammoniakmolekül ein Wasserstoffatom einmal durch eine Methylgruppe bzw. einmal durch eine Phenylgruppe (C6H5 –) ersetzt wird. Geben Sie die Strukturformeln dieser Verbindung mit bindenden und nichtbindenden Elektronenpaaren an und benennen Sie die beiden Ammoniakderivate Ermitteln Sie mit Hilfe der Tabelle den jeweiligen pKB-Wert, ordnen Sie die drei Stoffe nach steigender Basizität und begründen Sie die Reihenfolge anhand der Strukturunterschiede.

 

 

Aufgabe I/2:

1. Halogenalkane reagieren in Anwesenheit von Aluminiumchlorid als Katalysator mit Benzol bzw. Benzolderivaten. So entsteht z. B. Toluol aus Benzol und Monochlormethan und ebenso o-Hydroxytoluol aus Phenol und Monochlormethan.

1.1: Formulieren Sie für diese Synthesen die Reaktionsgleichungen und nennen Sie den Reaktionsmechanismus.
1.2: In einer weiteren Reaktion soll die Methylgruppe des Toluol-Moleküls vollständig bromiert werden. Geben Sie dazu eine geeignete Versuchsanordnung und die Versuchsbedingungen an. Formulieren Sie die Reaktionsgleichung für die vollständige Bromierung und erläutern Sie den zugrundeliegenden Mechanismus.
1.3: Aus dem in 1.2 gewonnenen organischen Reaktionsprodukt kann Benzoesäure hergestellt werden. Geben Sie die Strukturformeln der Benzoesäure und der o-Hydroxybenzoesäure (= Salicylsäure) an.

2. Benzoesäure und ihre Salze werden als Konservierungsstoffe für Lebensmittel verwendet und daher mit der Nahrung aufgenommen; außerdem enthält pflanzliche Nahrung Benzolderivate, die im Stoffwechsel zu Benzoesäure umgewandelt werden. Benzoesäure wird im Stoffwechsel durch Glycin gebunden, wobei durch Reaktion der Carboxylgruppe der Benzoe-säure mit der Aminogruppe des Glycins Hippursäure entsteht.

2.1: Geben Sie die Reaktionsgleichung unter Verwendung von Strukturformeln mit bindenden und nichtbindenden Elektronenpaaren an
2.2: Berechnen Sie die Masse der Stoffportion Glycin, die zur Umsetzung von 5,1 g Benzoesäure erforderlich ist. Wieviel Gramm Hippursäure entstehen dabei?
3: Acetylsalicylsäure (Aspirin) ist ein Ester aus Essigsäure und Salicylsäure. Formulieren Sie die Reaktionsgleichung zur alkalischen Hydrolyse (Verseifung) dieses Esters mit Natronlauge unter Verwendung von Strukturformeln mit bindenden und nichtbindenden Elektronenpaaren.

 

 

Aufgabe II/1:

1. In der Leber entsteht durch enzymatische Oxidation des Monosaccharids D-Glucose die Glucuronsäure. Die Oxidation erfolgt an einem bestimmten C-Atom des Glucose-Moleküls. Glucuronsäure zeigt gegenüber Fehling-Reagenz das gleiche Verhalten wie Glucose selbst.

1.1 An welchem C-Atom des Glucose-Moleküls findet die Oxidation statt? Begründen Sie Ihre Angabe. Geben Sie eine Strukturformel der Glucuronsäure als offene Kette an.
1.2 In wässriger Lösung liegen die Moleküle der Glucuronsäure überwiegend als Sechsringe (Pyranoseform) vor. Geben Sie die Strukturformel der *-Glucuronsäure in Haworth-Projektion an.

2. Mit Hilfe der Glucuronsäure werden in der Leber giftige Hydroxylverbindungen in ungiftige Verbindungen überführt, die ausgeschieden werden. So entsteht z. B. aus dem Halbacetal der *-Glucuronsäure und Phenol ein Glycosid. Formulieren Sie die Reaktionsgleichung für diese Glycosidbildung unter Verwendung von Strukturformeln. Begründen Sie, wie die Fehling-Probe mit diesem Glycosid verläuft.

3. D-Galaktose ist ein zu D-Glucose isomeres Monosaccharid. Die beiden Isomere unterscheiden sich lediglich in der Stellung der Hydroxylgruppe am dritten asymmetrischen C-Atom. Beide Monosaccharide lassen sich durch katalytische Hydrierung in sechswertige Alkohole überführen. Aus Glucose entsteht auf diese Weise Sorbit, der als Diabetikersüßstoff verwendet wird. Aus Galaktose entsteht auf entsprechende Weise Galaktit. Zeichnen Sie die Strukturformeln der beiden Polyalkohole Sorbit und Galaktit in Fischer-Projektion.

4: Wässrige Lösungen von Sorbit bzw. Galaktit werden im Polarimeter untersucht. Während sich Sorbit-Lösung als optisch aktiv erweist, ist Galaktit-Lösung optisch inaktiv.

4.1: Erläutern Sie Bau und Funktionsweise eines Polarimeters. Geben Sie mindestens drei Faktoren an, von denen der Drehwinkel * einer optisch aktiven Lösung abhängt.
4.2: Bringen Sie die optische Aktivität bzw. die fehlende optische Aktivität der Lösung der beiden Polyalkohole in Zusammenhang mit ihren Molekülstrukturen.

 

Aufgabe II/2:

Kunststoffe können so hergestellt werden, dass sie verschiedensten Ansprüchen genügen. Ihre Eigenschaften hängen unter anderem von der Art und dem Grad der Vernetzung ab.

1: Gegeben sind die zwei Stoffpaare A und B, aus denen sich durch Polykondensation ein thermoplastischer und ein duroplastischer Kunststoff herstellen lassen: A: cis-2-Butendisäure und 1,4-Butandiol B: 1,2-Benzoldicarbonsäure und 1,2,3-Propantriol.
1.1: Geben Sie für die beiden Kunststoffe, die sich aus den beiden Stoffpaaren A bzw. B herstellen lassen, geeignete Strukturformelausschnitte an, wobei für B ein aus vier Monomeren bestehender Formelausschnitt genügt. Erklären Sie unter Zuhilfenahme der Formelausschnitte das unterschiedliche Verhalten der beiden Kunststoffe beim Erwärmen.
1.2: Durch Weiterreaktion mit Styrol kann der thermoplastische Kunststoff zu einem duroplastischen Kunststoff reagieren. Erläutern Sie diese Tatsache.
1.3: Styrol allein reagiert ebenfalls zu einem makromolekularen Stoff. Formulieren Sie den dieser Reaktion zugrunde liegenden Mechanismus.
2: Rohkautschuk enthält Makromoleküle, von denen folgender Formelausschnitt gegeben ist:


2.1: Zeichnen Sie einen geeigneten Ausschnitt aus der Formel eines vulkanisierten Gummis unter Verwendung des gegebenen Formelausschnitts von Rohkautschuk.
2.2: Erklären Sie die Eigenschaftsveränderung des Kautschuks, die beim Vulkanisieren auftritt und erläutern Sie, wie sich die Eigenschaften von Gummi beim Vulkanisieren beeinflussen lassen.
3: Polyurethane entstehen durch Reaktion bifunktioneller Alkyldiisocyanate mit bifunktionellen Alkoholen. Formulieren Sie die Polyaddition am Beispiel der Reaktion von 1,6-Hexan-diisocyanat mit 1,4-Butandiol.

 

Aufgabe III/1:

1. Aufgrund charakteristischer gemeinsamer Eigenschaften ordnet man die Mehrheit der Elemente den Metallen zu. Erläutern Sie das Prinzip der Metallbindung. Geben Sie zwei Eigenschaften von Metallen an und deuten Sie diese anhand ihres Modells.

2: Das in der Technik meistgebrauchte Metall ist Eisen. Die Reduktion von Eisenoxiden kann durch Kohlenstoffmonooxid oder Wasserstoff erfolgen.

2.1: In endothermer Reaktion werden aus Kohlenstoffdioxid und Methan Kohlenstoffmonooxid und Wasserstoff hergestellt. Formulieren Sie dazu eine Reaktionsgleichung und zeigen Sie mit Hilfe von Oxidationszahlen, dass es sich hierbei um eine Redox-Reaktion handelt.
2.2: Eisen(III)-oxid wird einmal mit Kohlenstoffmonooxid und einmal mit Wasserstoff zur Reaktion gebracht. Formulieren Sie die beiden Reaktionsgleichungen.

3. Durch Korrosin von Metallen, insbesondere durch Rosten von Eisen, treten große volkswirtschaftliche Schäden auf.

3.1: Formulieren Sie mit Hilfe der Tabelle der Normalpotentiale je eine Reaktionsgleichung für die Bildung von Eisen(II)-Ionen bzw. Eisen(III)-Ionen bei der Korrosion von Eisen in neutralen wässrigen Lösungen, die Sauerstoff in gelöster Form enthalten.
3.2: Auch in saurer wässriger Lösung wird Eisen oberflächlich angegriffen. Formulieren Sie eine Reaktionsgleichung und erklären Sie unter Zuhilfenahme der elektrochemischen Potentiale, weshalb reines Wasser mit pH = 7 nicht korrosiv wirkt. Erklären Sie die Tatsache, dass die Korrosion in saurer wässriger Lösung erst bei pH * 3,5 einsetzt.

4: Bei der Analyse eines eisenhaltigen Werkstoffes werden 1,8 g des Werk-stoffs in verdünnter Schwefelsäure gelöst. Die Lösung wird mit Wasser zum Volumen V = 250 ml aufgefüllt. Eine Probe mit dem Volumen V = 25 ml wird mit einer Kaliumpermanganat-Lösung der Konzentration c = 0,02 mol*l-1 titriert. Der Endpunkt der Titration ist nach Verbrauch von V = 29 ml der Kaliumpermanganat-Lösung erreicht. Formulieren Sie die dieser Titration zugrunde liegende Reaktionsgleichung und berechnen Sie die Masse der Stoffportion m (Fe2+) der Ausgangslösung.

Aufgabe III/2:

1. Luftstickstoff und Luftsauerstoff reagieren bei Zimmertemperatur nicht miteinander. Erst in der Brennerflamme von Feuerungsanlagen oder am Zündfunken eines Verbrennungsmotors entsteht Stickstoffmonooxid. Aus diesem und Sauerstoff entsteht in Bereichen mit etwas tieferer Temperatur in einer Folgereaktion Stickstoffdioxid.

1.1: Stellen Sie die beiden Reaktionsgleichungen auf und geben Sie die Oxidationszahlen an.
1.2: Berechnen Sie die Reaktionsenthalpie für die Oxidation von Stickstoffmonooxid zu Stickstoffdioxid. Erklären Sie, weshalb das Stickstoffmonooxid nicht unmittelbar in der heißesten Verbrennungszone zu Stickstoffdioxid oxidiert wird.

2: In Großfeuerungsanlagen werden zur Rauchgasentstickung die beiden Stickoxide durch Zugabe eines Luftsauerstoff /Ammoniak-Gemisches in Stickstoff und Wasser umgewandelt. Die Reaktion läuft bei Temperaturen über 320 °C an einem Katalysator ab.2.1: Formulieren Sie die Reaktionsgleichungen für die Reduktion beider Stickstoffoxide mit Ammoniak (ohne Berücksichtigung des Luftsauerstoffs).
2.2: Schätzen Sie ab, ob die Reaktionen aus 2.1 unter Entropiezunahme oder -abnahme verlaufen und begründen Sie Ihre Entscheidung.
2.3: Berechnen Sie die Masse der Ammoniakportion, die eingesetzt werden muss, um 0,9 g Stickstoffmonooxid entsprechend der Reaktion aus Aufgabe 2.1 umzusetzen.
3: Bei der Abgasreinigung von Kraftfahrzeugen mit Dreiwegekatalysator wird das Stickstoffmonooxid am Rhodiumkatalysator durch im Abgas vorhandenes Kohlenstoffmonooxid reduziert.
3.1: Formulieren Sie hierzu eine Reaktionsgleichung und berechnen Sie die freie Reaktionsenthalpie * GR für = 500 °C unter Verwendung der gegebenen Tabellenwerte.
3.2: Erläutern Sie anhand eines Energieniveaudiagramms den Verlauf einer katalysierten und einer nicht-katalysierten Reaktion.

  NO  NO2 N2 O2 CO2 CO 
ΔHf in kJ*mol-1  90,3  33,2      -393,6  -110,6 
 S in J*mol-1*K-1 210,6  240,1  191,7  205,1  213,7  197,7 

 

Lösung(BW91)