Aufgabe 14

 

Aufgabe I:

1 Zinn(II)-chlorid findet als Reduktionsmittel in Labor und Technik vielfältige Anwendung und ist unter anderem in Tintenentfernern enthalten. Der Kristallwassergehalt von Zinn(II)-chlorid soll bestimmt werden. Dazu wer-den 1,25 g des wasserhaltigen Salzes in verdünnter Salzsäure gelöst und 60 ml einer Iod-Lösung der Konzentration c (Iod) = 0,1 mol/l zugegeben. Bei dieser Reaktion gehen die Zinn(II)-Ionen in Zinn(IV)-Ionen über. Anschließend wird das nicht verbrauchte Iod mit Natriumthiosulfat-Lösung der Konzentration c (Natriumthiosulfat) =0,05 mol/l titriert, wobei 18,9 ml der Maßlösung verbraucht werden.
1.1 Formulieren Sie die ablaufenden Redoxreaktionen!
1.2 Ermitteln Sie die Stoffmenge Kristallwasser, mit der ein Mol Zinn(II)-chlorid auskristallisiert! Der Gang der Berechnung muss klar ersichtlich sein.

2 Manche Ester spielen als Duft- und Aromastoffe eine wichtige Rolle. Bringt man Benzoesäure (Phenylmethansäure) mit Ethanol und einigen Tropfen konzentrierter Schwefelsäure zur Reaktion, so entsteht ein Produkt mit pfefferminzartigem Geruch.
2.1 Erläutern Sie den Mechanismus dieser Reaktion unter Mitverwendung von Strukturformeln, und benennen Sie das organische Endprodukt!
2.2 Nennen Sie zwei Möglichkeiten, das sich einstellende Gleichgewicht zugunsten des Esters zu verschieben!
2.3 Für die säurekatalysierte Veresterung wird konzentrierte Schwefelsäure, für die säurekatalysierte Hydrolyse dagegen verdünnte Schwefelsäure eingesetzt.
Begründen Sie die Verwendung unterschiedlich konzentrierter Schwefelsäuren für die beiden Vorgänge!

3 In lebenden Zellen folgt der Abbau von Glucose zu Pyruvat (Brenztraubensäure) einem gemeinsamen Stoffwechselweg. Unterschiedlich ist jedoch die Verwertung des Pyruvats im Stoffwechsel verschiedener Organismen.
3.1 Beschreiben Sie, ausgehend vom Pyruvat, unter Mitverwendung von Strukturformelgleichungen zwei Möglichkeiten des anaeroben Abbaus bis zu den jeweiligen Endprodukten sowie die Bildung von Acetyl-Coenzym A im aeroben Stoffwechselgeschehen! Die Coenzyme können in der üblichen Kurzschreibweise angegeben werden.
3.2 Bei der alkoholischen Gärung tritt als Nebenprodukt Glycerin auf. Es entsteht durch Reduktion von Dihydroxyacetonphosphat und Glycerinaldehyd-3-phosphat mit NADH und anschließender Hydrolyse des Phosphorsäureesters.
3.2.1 Formulieren Sie die Strukturformelgleichungen für die beiden Reaktionschritte, die vom Dihydroxyacetonphosphat zum Glycerin führen!
3.2.2 Erklären Sie, weshalb bei anaerob lebenden Hefen Glycerin nicht das alleinige Gärungsprodukt sein kann!

4 Aus Styrol (Phenylethen) entsteht bei Gegenwart von Radikalbildern oder konzentrierter Schwefelsäure ein Kunststoff.
4.1 Formulieren Sie einen Reaktionsmechanismus dieser Polyreaktion!
4.2 Polymerisiert man Styrol zusammen mit 1,4-Divinylbenzol
[(CH2 = CH)2C6H4], so entsteht ein Produkt, das sich deutlich von Polystyrol unterscheidet.
4.2.1 Geben Sie einen kennzeichnenden Strukturformelausschnitt für das Molekül des Copolymerisats an
4.2.2 Geben Sie eine Eigenschaft an, in der sich Polystyrol und das Copolymerisat unterscheiden, und erklären Sie diesen Unterschied aus dem Vergleich der Molekülstrukturen!

Aufgabe II:

1 Vor 50 Jahren wurde Otto Hahn für die Entdeckung der Kernspaltung mit dem Nobelpreis für Chemie geehrt.
1.1 Bei der Spaltung eines Uran-235-Kerns durch ein Neutron ist einer der bei-den Spaltkerne Ba-143; außerdem werden beim Spaltvorgang drei Neutronen frei. Das entstandene Nuklid Ba-143 geht in einigen Zerfallsschritten in das stabile Nuklid Nd-143 über.
Formulieren Sie die Kerngleichung der Spaltung! Ermitteln Sie Art und Zahl der Zerfälle in der beim Ba-143 beginnenden Zerfallsreihe, und begründen Sie die Instabilität von Ba-143!
1.2 In Brennelementen aus angereichertem Uran bildet sich beim Betrieb eines Kernreaktors Plutonium.
Erläutern Sie die Bildung dieses Elements unter Verwendung von Kerngleichungen!
1.3 Das Element Radium ist ein α-Strahler. Pro Gramm Radium werden im Jahr 4,53 * 1018 α-Teilchen emittiert und durch diese Kernzerfälle 0,167 ml Heliumgas (Normzustand) erzeugt.
Berechnen Sie aus diesen Werten das molare Volumen von Helium im Normzustand! Der Gang der Berechnung muss klar ersichtlich sein.

2 Ausgehend von Propan-1-ol und Benzol, soll in einer dreistufigen Synthese 2-Phenylpropan hergestellt werden. Im ersten Schritt wird der Alkohol unter Zusatz von konzentrierter Schwefelsäure auf ca. 160 °C erhitzt.
Alle weiteren, für die beiden anderen Syntheseschritte benötigten Chemikalien stehen zur Verfügung.
Erläutern Sie den Ablauf der Syntheseschritte I und II unter Mitverwendung von Strukturformeln, und benennen Sie die Zwischenprodukte!
Schritt III der Synthese ist mit Angabe der notwendigen Reaktionsbedingung in einer Strukturformelgleichung darzustellen.

3 Die Kohlenhydrate Maltose und Saccharose zeigen beim Erwärmen mit Fehling-Lösung unterschiedliches Verhalten.
3.1 Beschreiben Sie die Zusammensetzung der Fehling-Lösung sowie Durchführung und Ergebnis der Fehling-Proben mit den beiden Zuckern!
3.2 Zeichnen Sie die Strukturformeln der Moleküle beider Zucker, und erklären Sie die Ergebnisse der Fehling-Proben!
3.3 Auch Methanal reagiert bei der Fehling-Probe.
Erstellen Sie für diese Reaktion die Teilgleichungen von Oxidation und Reduktion, und fassen Sie beide zu einer Gesamtgleichung zusammen!
Die Komplexbildung kann vernachlässigt werden.
3.4 Eine Saccharose-Lösung wird mit Salzsäure erwärmt.
Formulieren Sie die dabei ablaufende Reaktion!
3.5 Eine Saccharose-Lösung und die nach Nr. 3.4 behandelte Lösung werden im Polarimeter untersucht.
Beschreiben Sie das Bauprinzip des Polarimeters! Erläutern Sie das Verhalten beider Lösungen im Polarimeter!

4 Anilin (Aminobenzol), ein wichtiger Grundstoff der Farbstoffchemie, kann aus Benzol über Nitrobenzol hergestellt werden.
4.1 Beschreiben Sie die Durchführung der Nitrierung von Benzol, und erläutern Sie unter Mitverwendung von Strukturformeln den Mechanismus dieser Reaktion!
4.2 Erklären Sie unter Mitverwendung einer Gleichung, warum sich Anilin in Salzsäure besser löst als in Wasser!

Aufgabe III:

1 Bei der Suche nach biologisch abbaubaren Kunststoffen zur Lösung des Müllproblems fand man in bestimmten Bakterien körnchenförmige Einlagerungen eines makromolekularen Stoffes mit thermoplastischen Eigenschaften. Der Abbau dieser Substanz liefert als Monomeres die Verbindung X der Zusammensetzung CaHbOc, mit der die Untersuchungen I, II, III durchgeführt werden:
I: Bei der Verbrennungsanalyse entstehen aus 123,0 mg der Verbindung X 208,2 mg Kohlenstoffdioxid und 85,2 mg Wasser.
II: Nach Auflösen von 220,0 mg der Verbindung X in 5,0 g Wasser wird eine Gefrierpunkterniedrigung von 0,79 °C festgestellt.
[Eg(Wasser) = 1,86 K kg mol–1]
III: Die Verbindung X, eine Flüssigkeit, zeigt folgende Eigenschaften:
– Die wässrige Lösung reagiert sauer;
– nach Zugabe schwefelsaurer Kaliumdichromat-Lösung tritt Grünfärbung auf;
– im Polarimeter zeigt die Lösung der Substanz optische Aktivität;
– die Iodoformprobe verläuft positiv.
1.1.1 Ermitteln Sie aus den Ergebnissen der Untersuchung I die empirische Formel (Verhältnisformel) der Verbindung X! Der Gang der Berechnung muss klar ersichtlich sein.
1.1.2 Berechnen Sie die molare Masse der Verbindung X, und geben Sie die Summenformel von X an! (Ergebnis: C4H8O3)
Der Gang der Berechnung muss klar ersichtlich sein.
1.2 Leiten Sie unter Einbeziehung der Befunde von III die Strukturformel der Verbindung X ab, und benennen Sie diese!
Begründen Sie Ihre Entscheidung!
1.3 Stellen Sie die Redoxgleichung für die Reaktion der Verbindung X mit Dichromat-Ionen in saurer Lösung auf!
1.4 Beschreiben Sie die Durchführung der Iodoformprobe! Geben Sie die Beobachtungen an, und stellen Sie die Strukturformeln der organischen Reaktionsprodukte auf!
1.5 Die Verbindung X ist das Monomere eines Kunststoffs.
Zeichnen Sie einen charakteristischen Strukturformelausschnitt (Repetiereinheit) des Kunststoffmoleküls!
2 Der pH-Wert von Körperflüssigkeiten wird meist in einem sehr engen Bereich konstant gehalten. Abweichungen würden die Funktion lebenswichtiger Enzyme beeinträchtigen.
Stellen Sie in einem Diagramm dar, wie die Enzymaktivität vom pH-Wert einer Lösung abhängt, und erläutern Sie diesen Zusammenhang!

3 Die Fette A, B, und C enthalten, bezogen auf den Gesamtfettsäuregehalt, folgende Fettsäureanteile:

Fett A  Fett B  Fett C 
1/3 Stearinsäure (Octadecansäure) 2/3 Stearinsäure 1/3 Stearinsäure 
2/3 Ölsäure (cis-9-Octadecensäure) 1/3 Ölsäure  1/3 Butansäure 
    1/3 Ölsäure 

3.1 Geben Sie die Strukturformel eines Fettmoleküls an, das den Vorgaben zu Fett C entspricht!
3.2 Ordnen Sie die Fette A, B und C nach steigenden Schmelzbereichen und begründen Sie Ihre Zuordnung!
3.3 Vergleichen Sie die drei Fette im Hinblick auf ihre Iodzahlen, und erklären Sie die Unterschiede!
(Die Iodzahl gibt an, wie viele Gramm Iod von 100 g Fett addiert werden können.)

4 "Doebners Violett" ist ein Triphenylmethanfarbstoff, der aus Anilin und Benzotrichlorid (C6H5 – CCl3) entsteht.
4.1 Das in der folgenden Gleichung angegebene Produkt ist noch nicht der Farbstoff. Begründen Sie diese Aussage!
d
4.2 Begründen Sie unter Mitverwendung von Grenzstrukturformeln, warum die sich an die obige Reaktion anschließende Abspaltung des Chlorid-Ions
a) energetisch begünstigt ist und
b) zu einem Farbstoff führt!

Aufgabe IV:

1 Perlonseide ist eine bekannte Kunstfaser. Der Ausgangsstoff für die Synthese ist ε-Caprolactam:

Caprolactam

Beim Erhitzen von ε-Caprolactam mit etwas Wasser erfolgt zunächst eine Hydrolyse und anschließend eine Polyreaktion.
1.1 Formulieren Sie die Reaktionsgleichung für die Hydrolyse, und zeichnen Sie einen Ausschnitt des Makromoleküls, der zwei Repetiereinheiten umfasst!
1.2 Erörtern Sie die Eignung der Perlonseide als Faser!

2 Aminosäuren sind farblose, kristalline Stoffe mit amphoteren Eigenschaften.
Die Aminosäure Glycin (Aminoethansäure) liegt in wässriger Lösung bei pH = 5,97 als Zwitterion vor. Bei pH = 9,60 liegt die Hälfte der Aminosäure-Moleküle unverändert als Zwitterion, die andere Hälfte als Anion vor.
2.1 Geben Sie die Strukturformeln von Zwitterion und Anion an!
Berechnen Sie den pH-Wert, bei dem gilt:
n (Zwitterion): n (Kation) = 1 :1!
2.2 Berechnen Sie den Ks-Wert der Carboxylgruppe und den KB-Wert der Aminogruppe!
Der Gang der Berechnung muss klar ersichtlich sein.
2.3 Der Ks-Wert von Ethansäure ist 1,75 . 10–5 mol/l.
Leiten Sie ab, weshalb der Ks-Wert der Ethansäure kleiner ist als der Ks-Wert der Carboxylgruppe des Glycins!

3 Gegeben sind die folgenden Carbonylverbindungen:
(A) Benzaldehyd (C6H5CHO), (B) 2,2-Dimethylpropanal,
(C) Propanal.
3.1 Stellen Sie die Strukturformeln der Moleküle der obengenannten Stoffe auf!
Geben Sie an, mit welchem dieser Stoffe ein Aldol gebildet werden kann, und begründen Sie Ihre Entscheidung!
3.2 Erläutern Sie den Ablauf der Aldolbildung unter Mitverwendung von Strukturformeln!

4 Enzyme zeigen sowohl eine Wirkungs- als auch eine Substratspezifität.
4.1 Definieren Sie die beiden Begriffe!
4.2 Zeichnen Sie ein beschriftetes Energiediagramm zum Ablauf einer enzymkatalysierten Reaktion!
Zu verwendende Symbole: E = Enzym; S = Substrat; P = Produkt.
4.3 In einem Reaktionsgefäß I befindet sich eine Enzymlösung, in der das Enzym kompetitiv gehemmt ist.
In einem Gefäß II liegt eine Enzymlösung vor, in der das Enzym allosterisch gehemmt ist.
Der Grad der Hemmung ist in beiden Enzymlösungen gleich groß. In die Lösungen wird zunehmend Substrat gegeben.
Erläutern Sie den Einfluss der ansteigenden Substratkonzentration auf das Reaktionsgeschehen in den beiden Lösungen!
4.4 Ein Enzym kann die Oxidation der Substrate A und B katalysieren. Dabei wird bei gleicher Ausgangskonzentration der Substrate und bei gleicher Enzymkonzentration das Substrat A rascher umgesetzt als das Substrat B.
Legen Sie an diesem Beispiel den Zusammenhang zwischen Michaelis-Konstante, Substrataffinität und Umsatzgeschwindigkeit dar!

Lösung(BY94)